Die Myalgische Enzephalomyelitis (ME), auch als chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS) oder Systemic Exertion Intolerance Disease (SEID) bezeichnet, ist eine chronische, neuroimmunologische Erkrankung.[1](WHO ICD 10 G 93.3)[2]

Das markanteste Symptom von ME/CFS ist ein direkt oder bis 3 Tage nach körperlicher Anstrengung auftretendes grippeähnliches Krankheitsgefühl.[1] Dieses ist sehr stark und sorgt dafür, dass sich ME- Erkrankte elendiglich krank fühlen. Diese Zustandsverschlechterung tritt unterschiedlich schnell auf, bei manchen Erkrankten nach einem längeren Spaziergang und bei anderen schon durch den Versuch das Bett zu verlassen oder die Zähne zu putzen. ME- Erkrankte sind so krank, dass sie lange, z. B. 14, 19 oder sogar 24 Stunden täglich im Bett verbringen müssen und zusätzlich noch viele weitere schwere Symptome haben.

Laut einer von mehreren US-amerikanischen Gesundheitsbehörden in Auftrag gegebenen Analyse zu ME/CFS, wird es „für dringend notwendig gehalten“, mehr an ME zu forschen.[3]


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Die wichtigsten Fakten über die Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Erschöpfungssyndrom / SEID

  1. Häufigkeit

    „ME/CFS tritt (in Nordamerika und Europa) häufiger auf als Lungenkrebs und AIDS.“[4]
    An ME leiden:
    0,3% der Bevölkerung,
    250.000 Erkrankte in Deutschland,
    25.000 Erkrankte in der Schweiz / Österreich,
    1,5 Mio. Erkrankte in der EU.[5][6][7]

  2. Symptome von ME:

    Nach körperlicher oder geistiger Anstrengung auftretendes grippeähliches Krankheitsgefühl, Schlafstörungen, Schmerzen in den Muskeln, Gelenken oder Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Licht-/ Lärmempfindlichkeit oder Muskelzuckungen, Kreislaufprobleme, Übelkeit, Herzrhythmusstörungen, Probleme mit der Temperaturregelung des Körpers, grippeähnliche Symptome, geschwollene Lymphknoten oder Allergien. Es sind nicht immer alle Symptome bei jedem Betroffenen vorhanden. [1][4]

  3. Schweregrad

    Von Erkranktem zu Erkranktem können der Schweregrad der Erkrankung und das Funktionsniveau sehr unterschiedlich sein. Während 25 % der Betroffenen ihre Arbeit trotz Erkrankung ganz oder teilweise ausführen können, sind die 25% am schwersten Betroffenen ans Haus gebunden oder vollkommen bettlägerig.[8][9] Ca. 5 % werden wieder gesund.[10]
    Eine dänische Studie aus dem Jahr 2015 belegt, dass im Vergleich zu zwanzig anderen schweren chronischen Erkrankungen, ME die Erkrankung mit der tiefsten Lebensqualität ist.[11]

  4. Auslöser

    Bei 2/3 der ME Betroffenen tritt die Erkrankung nach einer Virusinfektion[12][13] auf, manchmal auch nach einer Bakterieninfektion, Chemikalien- und Metallbelastungen oder Stress, wie z.B. eine Schwangerschaft.[14][15]

  5. Forschung

    Laut Anthony L. Komaroff, einem bekannten ME- Forscher, existieren über 5000 Studien über ME, die klare biologischen Abnormalitäten der Erkrankung aufzeigen.[16][17] 75 bis 80% der Ärzte in den USA[18] und 72% in Großbritannien[19] sind davon überzeugt, dass ME/CFS eine biologisch nachgewiesene Erkrankung ist.

  6. Hoher Forschungsbedarf

    ME/CFS gehört mit zu den dringend zu erforschenden Erkrankungen. Eine von mehreren US- amerikanischen Gesundheitsbehörden in Auftrag gegebene Analyse zu ME/CFS kam zu folgendem Schluss:
    „Es wird für dringend notwendig gehalten, mehr zu forschen um herauszufinden, was ME/CFS verursacht, um den dahinterstehenden Mechanismus der Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung zu verstehen und um einen effektiven Diagnosetest, als auch eine Behandlung zu entwickeln.“[3]
    „Die (deutsche) Bundesregierung fördert keine spezifischen Forschungsprogramme zu CFS oder ME“[20]

  7. Geringe Diagnoserate

    Weniger als 20 % der Menschen, die an ME erkrankt sind, haben eine Diagnose erhalten. Es gibt immer noch keinen einfachen Diagnosemarker dieser Erkrankung.[21][22][23]

  8. Finanzielle Folgen

    ME Erkrankten werden die Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherungen häufig verweigert[24][25]. Im Sozialsystem des Staates stoßen sie auf enormen Widerstand dabei, ihre Rechte durchzusetzen. Für bettlägerige Erkrankte ist es schwierig bis kaum schaffbar, die gesamte Bürokratie für das Sozialamt zu erledigen.

  9. Wirtschaftlicher Schaden

    „Der durchschnittlich (von ME/CFS) betroffenen Familie fehlen 20 000 US Dollar (ca.16 000€) jährlich an Einkommen und Arbeitslohn und der jährliche Verlust durch Produktivitätsausfall beträgt in den Vereinigten Staaten mindestens 9 Milliarden US Dollar“[26][27]
    Der durch ME/CFS verursachte jährliche wirtschaftliche Produktionsverlust in der EU beträgt mindestens 11,6 Milliarden Euro.[28]

  10. Umgang mit ME

    Laut einer Umfrage von Action for ME hat die überwiegende Mehrzahl der über 2000 befragten ME- Erkrankten angegeben, dass ihnen das Anpassen an die individuelle Belastungsgrenze (Pacing) am meisten geholfen hat.[29] Es ist wichtig die individuelle Belastungsgrenze, ab der eine Zustandsverschlechterung eintritt, zu kennen und möglichst nicht zu überschreiten. Mit einem vernünftigen Verhältnis zwischen Aktivität und Ruhe, wird der bestmögliche Gesundheitszustand erreicht.

Quellenangaben

  1. Myalgische Enzphalomyelitis: Internationale Konsenskriterien Caruthers et al., The Journal of Internal Medicine, July 2011, Seite 2, Zeile 3
  2. G93.3 Postviral fatigue syndrome, Benign myalgic encephalomyelitis
  3. 2015, Beyond Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrom, Ridifining an Illness Backgournd about ME/CFS, Seite 2, Zeile 18
  4. Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronic Fatigue Syndrom, Ein Überblick über das Kanadische Konsensdokument, Bruce M. Carruthers, MD, CM, FRCP(C), Marjorie I. van de Sande, B Ed, Grad Dip Ed, Seite 1, Kapitel: Epidemiologie, Absatz: 7
  5. Reyes M, Nisenbaum R, Hoaglin DC, Unger ER, Emmons C, Randall B, et al. Prevalence and incidence of chronic fatigue syndrome in Wichita, Kansas. Arch Intern Med (2003) 163:1530–6.10.1001/archinte.163.13.1530
  6. Jason LA, Richman JA, Rademaker AW, et al. A communitybased study of Chronic Fatigue Syndrome. Arch Intern Med 159:21292137, Oct. 1999.
  7. Reyes MGary HEDobbins JG et al. Surveillance for chronic fatigue syndrome: four US cities, September 1989 through August 1993. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 1997;461- 13
  8. (siehe Quellenangabe 3.) Backgournd about ME/CFS, Seite 2, Zeile 10
  9. Action for ME, Members Survey, 2006, "M.E. – More Than You Know", Umfrageteilnahme 2200 Mitglieder der englischen NGO
  10. (siehe Quellenangabe 4.) Kapitel: Natürlicher Verlauf
  11. The Health-Related Quality of Life for Patients with Myalgic Encephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS). Falk Hvidberg M1, Brinth LS2, Olesen AV1, Petersen KD1, Ehlers L1. PLoS One. 2015 Jul 6;10(7):e0132421. doi: 10.1371/journal.pone.0132421. ECollection 2015.
  12. „Rates of acute, mononucleosis-like illness preceding chronic fatigue have been documented in up to 73–78% of adolescents, with almost half evidencing active mononucleosis infection at onset“ Feder, Dworkin, & Orkin, Feder, H. M., Dworkin, P. H., & Orkin, C. (1994). Outcome of 48 pediatric patients with chronic fatigue. A clinical experience. Archives of Family Medicine, 3(12), 1049–1055. doi: 10.1001/archfami.3.12.1049
  13. Smith, M. S., Mitchell, J., Corey, L., Gold, D., McCauley, E. A., Glover, D., & Tenover, F. C. (1991). Chronic fatigue in adolescents. Pediatrics, 88(2), 195–202.
  14. Primer, „ME/CFS: Ein Handbuch für Ärzte“ Ausgabe 2013, deutsch Seite 7, Kapitel: 2.2 BEGÜNSTIGENDE UND KAUSALE FAKTOREN
  15. „Die neuste CFS Forschung“ von Anthony L. Komaroff: Ein Vortrag vom April 2010 bei der Massachusetts CFIDS/ME & FM Association Seite 21 links, Absatz 2
  16. (siehe Quellenangabe 15.) Seite 21 rechts, Absatz 3
  17. Anthony L. Komaroff: Pressekonferenz CDC 2006
  18. (siehe Quellenangabe 15.) Seite 22, Zeile 6 links
  19. Chronic Fatigue Syndrome: a survey of GPs' attitudes and knowledge Jo Bowen Derek Pheby Andre Charlett Cliodna McNulty Family Practice, Volume 22, Issue 4, 1 August 2005, Pages 389–393
  20. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Matthias B. Birkwald, Jutta Krellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke. Drucksache 17/12313 Situation der Patientinnen und Patienten mit Chronischem Erschöpfungssyndrom Seite 3, letzter Absatz
  21. Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome Diagnosis and Management in Young People: A Primer Peter C. Rowe, Rosemary A. Underhill,Kenneth J. Friedman,Alan Gurwitt,Marvin S. Medow, Malcolm S. Schwartz, Nigel Speight, Julian M. Stewart, Rosamund Vallings, and Katherine S. Rowe Published online 2017 Jun 19. doi: 10.3389/fped.2017.00121
  22. A community-based study of chronic fatigue syndrome. Jason LA, Richman JA, Rademaker AW, Jordan KM, Plioplys AV, Taylor RR, McCready W, Huang CF, Plioplys S Arch Intern Med. 1999 Oct 11; 159(18):2129-37.
  23. Reyes M, Nisenbaum R, Hoaglin DC, Unger ER, Emmons C, Randall B, et al. Prevalence and incidence of chronic fatigue syndrome in Wichita, Kansas. Arch Intern Med (2003) 163:1530–6.10.1001/archinte.163.13.1530
  24. (siehe Quellenangabe 20.) Seite 2, letzter Absatz
  25. Bundesgericht Schweiz, Urteil vom 14.April 2008
  26. Reynolds KJ, Vernon SD, Bouchery E, Reeves WC. The economic impact of chronic fatigue syndrome. Cost Effectiveness Resource Allocation. 2004;2:4. doi: 10.1186/1478-7547-2-4.
  27. (siehe Quellenangabe 3.) Backgournd about ME/CFS, Seite 2, Zeile 12
  28. Wirtschaftliche Folgekosten von ME
  29. Action for ME, Members Survey, 2014 „M.E. Time to deliver“ Seite 19, Zeile 1, 2