ME/CFS, Myalgische Enzephalomyelitis, Chronisches Erschöpfungssyndrom, Systemic Exertion Intolerance Disease (SEID)

Einführung ME/CFS

Die Myalgische Enzephalomyelitis (ME) ist eine schwere chronische Multisystem- Erkrankung mit einer ganzen Reihe an Symptomen und unterschiedlichen Schweregraden. Das markanteste Symptom ist eine Zustandsverschlechterung nach körperlicher oder geistiger Anstrengung, die mit einem schweren Krankheits- oder grippeähnlichen Gefühl und Erschöpfung einhergeht. Häufig sind die Betroffenen an den Tagen nach der körperliche Anstrengung ans Bett gebunden und leiden sehr unter ihren Symptomen. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Symptome.

Die Myalgische Enzephalomyelitis ist eine erworbene neurologische Erkrankung mit vielschichtigen, umfassenden Dysfunktionen. Die hervorstechenden Merkmale sind eine pathologische Dysregulation des Nerven- und des Immunsystems sowie der endokrinen Systeme, verbunden mit gestörtem zellulären Energiestoffwechsel und gestörtem Ionenkanaltransport.[1][2]

Name

Die Erkrankung ist unter einigen Namen bekannt wie Myalgische Enzephalomyelitis „ME“, Chronisches Erschöpfungssyndrom, postivrales Müdigkeitssyndrom, Chronic Fatigue and Immune Dysfunction Syndrome „CFIDS“, Chronic Fatigue Syndrom „CFS“, chronische Mononukleose (ME ausgelöst durch den Ebstein Barr Virus), Systemic Exertion Intolerance Disease (SEID) und Myalgische Encephalopathy. In verschiedenen Ländern haben sich verschiedene Namen durchgesetzt. Die Krankheit wurde in England ursprünglich Myalgische Enzephalomyelitis, abgekürzt ME, genannt.[3][4]

Dieser Name hat sich auf der Welt weit verbreitet. Das Center for disease control and prevention aus den USA benannte diese Erkrankung später Chronic Fatigue Syndrom, abgekürzt CFS.[5] Übersetzt wurde daraus im deutschsprachigen Raum postvirales Müdigkeitssyndrom oder Chronisches Erschöpfungssyndrom. Im „Internationalen Konsensdokument der Myalgischen Enzephalomyelitis (ICC)“, das im Juli 2011 veröffentlicht wurde, wird ausschließlich der Name Myalgische Enzephalomyelitis (ME) verwendet.[6]

Im Jahr 2015 wurde folgender Name vorgeschlagen: „Das Institute of Medicine Komitee empfiehlt ME/CFS durch folgenden neuen Namen zu ersetzen: Systemic Exertion Intolerance Disease (SEID), übersetzt Systemische Belastungsintoleranz-Erkrankung. Dieser Name beinhaltet ein zentrales Merkmal der Erkrankung, der Fakt, dass Belastung egal welcher Art (physisch, kognitiv oder emotional) zu einer starken Beeinträchtigung in multiplen organischen Systemen führen kann.“ [7]

Über die Jahre haben sich hauptsächlich die beiden Namen Myalgische Enzephalomyelitis und Chronic Fatigue Syndrom beziehungsweise chronisches Erschöpfungssyndrom durchgesetzt.

Es wird empfohlen den Doppelname Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Erschöpfungssyndrom „ME/CFS“ entsprechend dem Kanadischen Konsensdokument zu verwenden. Die Reihenfolge „ME/CFS“ sollte hierbei eingehalten werden. Auch die alleinige Bezeichnung Myalgische Enzephalomyelitis „ME“ kann benutzt werden, wie sie im Internationalen Konsensdokument steht. Der Name Systemic Exertion Intolerance Disease „SEID“, ist im deutschsprachigen Raum noch nicht sehr bekannt, kann aber auch verwendet oder an ME/CFS angehängt werden.

Klassifikation

In der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Classification of Diseases ICD) der Weltgesundheitsorganisation ist die benigne myalgische Enzephalomyelitis, postvirales Erschöpfungssyndrom unter dem Schlüssel G 93.3 als neurologische Erkrankung klassifiziert.[8]

Häufigkeit

Es gibt unterschiedliche Studien über die Häufigkeit von ME. Die meisten Studien wurden in den USA durchgeführt. Sie kommen auf leicht unterschiedliche Ergebnisse. Der Mittelwert der Studien ergibt, dass gerundet jede 300ste Person an ME erkrankt ist.[9][10][11][12]

Das Kanadische und Internationale Konsensdokument sind Leitfäden für eine möglichst genaue Diagnosestellung. Mit ihrer Anwendung ergibt sich eine Prävalenz von 0,3 bis 0,42% Erkrankter in der Bevölkerung. Mit der Prävalenz (0,3%) dieser Studien lässt sich die Häufigkeit für ME/CFS berechnen. In den Mitgliedsländern der 27 EU- Staaten leiden 1,5 Millionen Betroffene unter ME. In Deutschland gibt es 250.000 ME Erkrankte. Sowohl in der Schweiz, als auch in Österreich sind 25.000 Menschen an ME/CFS erkrankt. Weltweit werden Zahlen zwischen 17 und 23 Millionen ME Erkrankten angegeben. Es handelt sich um eine häufige Erkrankung, in Europa ist sie häufiger als Lungenkrebs, Multiple Sklerose oder AIDS.[13] Von ME/CFS „sind alle Altersgruppen einschließlich Kindern, alle ethnischen Gruppen und Menschen aller sozioökonomischen Schichten betroffen.“ Frauen erkranken häufiger als Männer.[14]

Verlauf

Die Erkrankung kann von einem Tag auf den anderen, seltener auch langsam über Monate auftreten. Es dauert oft lange bis sich alle Symptome entwickelt haben. Der Verlauf der Krankheit ist von Betroffenem zu Betroffenem sehr unterschiedlich.

Ca. 5 % der ME Erkrankten werden wieder vollkommen gesund.[15] Es kommt nur selten vor, dass es bei einem Krankheitsverlauf von über 5 Jahren noch zu einer vollständigen Heilung kommt. Eine Verbesserung kann hingegen auch noch nach vielen Jahren eintreten.

Wie die Betroffenen mit der Erkrankung umgehen ist unterschiedlich. Häufig durchleben die Betroffenen drei Phasen:

  1. Am Anfang wollen die Betroffenen nicht wahrhaben erkrankt zu sein und kämpfen gegen die Erkrankung an. Sie versuchen weiterhin ihren gewohnten Lebensstandard beizubehalten
  2. Nach einer gewissen Zeit, die 1 bis 2 Jahre dauern kann, merken die Erkrankten, dass sie nicht wieder gesund werden. Sie sind verzweifelt und fangen an sich auf die Erkrankung einzustellen
  3. Mit den Jahren gewöhnen sich die Betroffenen an die Erkrankung, stellen sich gut darauf ein und viele lernen gut damit umzugehen. Sie kennen ihre Belastungsgrenze genau und überschreiten sie kaum, um den bestmöglichen Gesundheitszustand zu erreichen

Dr. Komaroff, Schweregrad von ME/CFS im Vergleich zu anderen Erkrankungen.

Dr. Komaroff, Schweregrad von ME/CFS im Vergleich zu anderen Erkrankungen.

Schweregrad

Einen aktuellen Überblick über die Schwere und die Belastungen durch ME gibt eine Umfrage der englischen Action for M.E., die 2006 im Rahmen ihrer Kampagne "M.E. – More Than You Know" dazu 2200 ihrer Mitglieder befragt hat. Link

Nach dieser Liste von Dr. Bell, können Betroffenen ermitteln, wie schwer sie erkrankt sind.

Nach dieser Liste von Dr. Bell, können Betroffenen ermitteln, wie schwer sie erkrankt sind.

Mortalität

ME ist keine tödlich verlaufende Erkrankung und es kommt nur selten vor, dass ein Betroffener daran stirbt. Manchmal kann es hingegen sein, dass sich ME Erkrankte das Leben nehmen.[16] ME Erkrankte müssen Herausforderungen bewältigen, die ein vielfaches schwieriger sind, als die von gesunden Menschen. Trotzdem kommt es vergleichsweise selten zu Suizid.

Film:



Quellenangaben

  1. Myalgische Enzephalomyelitis: Internationale Konsenskriterien, Caruthers et al., The Journal of Internal Medicine, July 2011, Seite 2
  2. Myalgische Enzephalomyelitis: Internationale Konsenskriterien, Caruthers et al., The Journal of Internal Medicine, July 2011, Seite 2
  3. Acheson ED. The clinical syndrome variously called benign myalgic encephalomyelitis, Iceland disease, and epidemic neuromyasthenia. American Journal of Medicine. London, 1959;26:569–595.
  4. Acheson ED. The clinical syndrome variously called benign myalgic encephalomyelitis, Iceland disease, and epidemic neuromyasthenia. American Journal of Medicine. London, 1959;26:569–595.
  5. Center for disease control and prevention (CDC), Incline Village Lake Tahoe, Nevada, USA, 1984/85
  6. Myalgische Enzephalomyelitis: Internationale Konsenskriterien, Caruthers et al., The Journal of Internal Medicine, July 2011, Seite 2
  7. Beyond Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrom, Ridifining an Illness, Report guide for Clinicians, 2015, Seite 1, zweiter Absatz, letzter Satz
  8. G93.3 Postviral fatigue syndrome, Benign myalgic encephalomyelitis
  9. Reyes M, Nisenbaum R, Hoaglin DC, Unger ER, Emmons C, Randall B, et al. Prevalence and incidence of chronic fatigue syndrome in Wichita, Kansas. Arch Intern Med (2003) 163:1530– 6.10.1001/archinte.163.13.1530
  10. Reyes M, Nisenbaum R, Hoaglin DC, Unger ER, Emmons C, Randall B, et al. Prevalence and incidence of chronic fatigue syndrome in Wichita, Kansas. Arch Intern Med (2003) 163:1530– 6.10.1001/archinte.163.13.1530
  11. Jason LA, Richman JA, Rademaker AW, et al. A communitybased study of Chronic Fatigue Syndrome. Arch Intern Med 159:21292137, Oct. 1999.
  12. Reyes MGary HEDobbins JG et al. Surveillance for chronic fatigue syndrome: four US cities, September 1989 through August 1993. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 1997;461- 13
  13. Ein Überblick über das Kanadische Konsensdokument, Seite 1, Kapitel: Epidemiologie, Absatz: 7
  14. Kanadisches Konsensdokument der Myalgischen Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrom, Seite 1, Kapitel Prävalenz
  15. Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronic Fatigue Syndrom, Kanadisches Konsensdokument Bruce M. Carruthers, MD, CM, FRCP(C), Marjorie I. van de Sande, B Ed, Grad Dip Ed, Seite 1, Kaptitel: Natürlicher Verlauf
  16. Kanadisches Konsensdokument der Myalgischen Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrom, Seite 1, Kapitel: Natürlicher Verlauf

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