Behandlung und Umgang mit ME/CFS

Anmerkung: Besprechen Sie jede Behandlung mit ihrem Arzt.

Behandlung des ME/CFS

Es gibt bis heute kein Patent-Rezept für Medikamente oder Therapien, die die wohl diversen zugrunde liegenden Krankheitsprozesse von ME/CFS beeinflussen oder heilen können. Langjährige Erfahrung zeigt, dass Behandlungen oft individuell angesetzt werden müssen. Eine Behandlung, die einem Betroffenen hilft, zeigen bei anderen Erkrankten keine Wirkung. Therapie braucht Geduld und Ausprobieren. Oft werden mit Medikamenten die Symptome gelindert. Es wird zum Beispiel beim Immunsystem angesetzt und versucht, dieses zu regulieren. Durch den richtigen Umgang mit der Erkrankung erreichen viele eine bessere Lebensqualität.[1] Es ist wichtig die körperliche und geistige Belastungsgrenze zu kennen und sich an diese anzupassen. Auslösende Faktoren von Symptomen im alltäglichen Leben sollten erkannt und wenn möglich vermieden werden. Zusätzlich hilft vielen Erkrankten eine gute Ernährung mit genügend Vitaminen und Antioxidantien.

Es gibt diverse medikamentöse Substanzen, Lebensmittel, Heilverfahren und Alltagstechniken, die ME lindern und in wenigen Fällen gar verschwinden lassen. Grundsätzlich braucht es aber Zeit, Geld und auch Glück, um viele feinfühlige und geschulte Fachleute zu finden. Und ein gutes Selbstmanagement, um mit ME leben zu können und die Gesundheit wieder zu verbessern oder zu erlangen.[2]

Behandlung der Ursache

Während und nach der Diagnose ME/CFS sollte versucht werden, die Ursache der Krankheit zu finden und diese zu behandeln oder zu beseitigen. Allerdings tritt ME meistens in Folge einer Virusinfektion auf und ist somit schwer oder kaum behandelbar. Es gibt Ansätze und Modelle, die eine Medikation empfehlen. Eine Gesundung zu erreichen ist hingegen selten. Weitere Ursachen (z.B.Umweltmedizin), sowie sekundäre Erkrankungen und Differentialdiagnosen sollten auch in Erwägung gezogen und entsprechend behandelt werden.

Im Kanadischen Konsensdokument ME/CFS sind die Differentialdiagnosen (Seite 3) und auch mögliche Behandlungsmethoden (ab Seite 11) beschrieben. Konsensdokument

Hier sind als Beispiel zwei Modelle aufgeführt, die die Ursache behandeln sollen:

Behandlungsmodell nach Dr. Pall:
Die Therapie sollte sich darauf konzentrieren, die Teile des NO/ONOO-Zyklus herunterzuregulieren, statt nur auf eine symptomatische Besserung abzuzielen. Dazu gehören hohe Dosen Vitamin C, intravenös verabreicht, Flavonoide, Acetylcarnitin, Vitamin B-12 (Hydroxocobalamin), Folsäure, NMDA- Antagonisten wie Magnesium, Omega-3-Fettsäuren, Coenzyme Q10, NT-Faktor (spezielles Mittel von Garth Nicholson), Ecklonia cava-Extrakt, D-ribose.[3]

Behandlungsmodell nach Dr. Huber:
Neben der streng indizierten Identifizierung, Eliminierung und Vermeidung der ursächlichen Stressoren sind damit begleitend therapeutische orthomolekulare medizinische Stützmassnahmen mit den Antioxidantien Acetylcystein, Glutathion, Alphaliponsäure und den Vitaminen C,E, Q10, B1-B12 sowie den Mineralien Selen und Zink angezeigt.[4]

Umgang mit der Erkrankung ME, Pacing

Wichtig ist es den Umgang mit der Erkrankung zu erlernen, wodurch mehr Lebensqualität zurückerlangt werden kann.[5] Am Anfang der Erkrankung, direkt nach einer Virusinfektion, ist es ganz entscheidend, eine Phase der Ruhe mit jeglichem Verzicht auf Sport einzuhalten. Damit wird dem Immunsystem die nötige Energie gegeben, um die Infektion zu überwinden. Auch sollte auf eine sehr gute und abwechslungsreiche Ernährung geachtet werden, mit genügend Vitaminen und Antioxidantien. Somit ist die Wahrscheinlichkeit am größten kein chronisches ME zu entwickeln und wieder schnell gesund zu werden.

Trotz Einhalten der ärztlich angeordneten Ruhe, kann es zu einer Chronifizierung nach einer Virusinfektion und damit ME/CFS kommen.[6]

Im späteren Krankheitsverlauf ist der vielleicht wichtigste Aspekt des Krankheitsmanagements, die richtige Balance zwischen Ruhe und Aktivität zu finden. Es gibt unterschiedliche Schweregrade und jeder Betroffene muss selbst herausfinden, wie viel Aktivität für ihn gut ist. Bei zu viel Aktivität wird ein Punkt überschritten, ab dem sich der Betroffene kränker fühlt und die Symptome stärker werden, die sogenannte „Neuroimmunologische Entkräftung nach Belastung“. Das Krankheitsgefühl kann direkt auftreten und mehrere Tage nachwirken, es kann aber auch erst bis zu 3 Tage in Verzögerung auftreten. Genau dieser Punkt, die sogenannte Belastungsgrenze, sollte ermittelt und nicht zu häufig überschritten werden. Das Ziel ist, dass sich der Betroffene so gut wie möglich fühlt, ohne ständig in die Phase zu kommen, in der er sich kaum noch auf den Beinen halten kann und sich ständig elendiglich krank fühlt. Der Betroffene kann sich täglich aufschreiben wie lange er eine Aktivität ausführen kann, z.B. Gehen, Kochen, Autofahren, Lesen, Fernsehen oder sogar Arbeiten. Er sollte so viel unternehmen, bis kurz vor dem Moment, ab dem das ME stärker wird. Es ist auch nicht ratsam sich zu viel zu schonen. Aus Angst vor einer Verschlechterung wochenlang im Bett zu verbringen, obwohl mehr Aktivität ohne Verschlechterung möglich wäre, ist nicht gut. Ab und zu am sozialen Leben teil zu nehmen oder wenigstens von Zeit zu Zeit Besuch zu empfangen, ist eine schöne Abwechslung für Erkrankte. Bei einem Viertel der Betroffenen wird die Belastungsgrenze so schnell überschritten, dass sie leider kaum etwas unternehmen können.[7]

Es ist essentiell einen gesunden Schlafrhythmus, mit regelmäßigen Bettzeiten zu entwickeln. Mit der Zeit finden die meisten ME Erkrankten eine gute Umgangsweise mit ihrer Erkrankung und gewöhnen sich sehr gut daran. Die Anpassung an die individuelle Belastungsgrenze wie hier Beschrieben wird „Pacing“ (Energiemanagement) genannt. Um den Umgang mit der Erkrankung zu erlernen, kann auch eine kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und Beratung bei einem Psychologen in Erwägung gezogen werden. Hierbei ist sehr wichtig, dass der Psychologe das Pacing und den korrekten Umgang mit ME kennt.

Für Erkrankte gibt es im Alltag viele Tricks mit denen sie sich das Leben einfacher machen können. Manche Frauen schneiden sich die Haare kurz, andere Erkrankte verzichten auf Alkohol, benutzen einen Rollstuhl und die Vergesslichen verwenden einen Notizblock usw. Sich den Alltag einfacher und effizienter zu gestalten nennt man „Coping“ (nützliche Alltagsorganisation). Zu lernen mit der wenigen Energie die wichtigsten Dinge zu erledigen und Prioritäten korrekt zu setzen, ist ein essentieller Bestandteil im Leben der ME Erkrankten.

Achtung:
Bei der „Graded-Exercise“ - Therapie (GET), auch Aufbautraining genannt, hat die Mehrzahl der ME Erkrankten angegeben, dass es ihnen dadurch schlechter geht.[8] Viele Mediziner in Europa kennen ME/CFS oder haben davon schon gehört. Trotzdem kommt es vor, dass das medizinische Personal nicht oder nicht richtig über ME/CFS informiert ist. Somit kann es sein, dass in seltenen Fällen Sport empfohlen wird. Die falsche Denkweise dahinter ist, dass der Erkrankte mit körperlichem Training seinen Zustand verbessern könnte. Allerdings sorgt bei ME gerade Sport für eine gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Deswegen kann es nötig sein den Arzt zu wechseln. Im Idealfall kann richtig geschultes Fachpersonal in der Nähe des Erkrankten ausfindig gemacht werden.

Wie ein ME Erkrankter lernt mit seiner Erkrankung umzugehen wird in diesem Dokument sehr gut beschrieben: „10 Strategien zu einem besseren Umgang mit CFS“ Neben dem Konsensdokument, ist es eines der wichtigsten Dokumente für ME/CFS Erkrankte, das jeder gelesen haben sollte.

Ein weiteres Dokument welches das Pacing erklärt ist dieses: Pacing bei CFS, eine Anleitung für Patienten

Behandlung der Symptome

Mit bekannten Behandlungsmethoden, die auch bei anderen Erkrankungen eingesetzt werden, können die Symptome von ME behandelt werden. Am häufigsten werden Schmerzen und Schlafstörungen behandelt. Auch gegen Allergien, Gleichgewichtsprobleme, Depressionen, niedrigen Blutdruck, Colon irritable (Reizdarm), Muskelkrämpfe und Übelkeit können vom Arzt Behandlungen eingeleitet werden, falls dies nötig wird.[9] Der Arzt wird darüber entscheiden, ob weitere Behandlungen ausprobiert werden sollen. Es gibt eine ganze Reihe an Medikamenten, die bei ME/CFS angewendet werden. Diese können zwar nicht heilen aber die Erkrankung oder Symptome manchmal lindern. Betroffene berichten auch, dass die Einnahme von Nachtkerzenöl, Magnesium, Ergänzungsstoffe für die Energieproduktion in den Muskeln und Vitamine (B6, B12 und D 3) geholfen haben. ME Erkrankte reagieren oft sehr sensibel auf Substanzen.[10] Deswegen sollte mit geringen Dosen begonnen und die Laborwerte mit einbezogen werden.

Achtung:
Es ist wichtig, wirksame Behandlungsmethoden von unrealistischen zu unterscheiden. Immer wieder kommt es vor, dass Mediziner oder ähnliche Berufsgruppen behaupten, ME/CFS heilen zu können. Dabei wird dem ME Erkrankten falsche Hoffnung gemacht, da manche Behandlungen kaum wirken. Zusätzlich wird viel Geld verschwendet und die Krankenkasse zahlt nicht alles. Es ist wichtig sich im Voraus gut über die Behandlung zu informieren und sich eventuell mit anderen Betroffenen auszutauschen, um Aufwand und Geld zu sparen, sowie unnötige Probleme zu vermeiden.

Im Dokument „CFS/ME – Ein Leitfaden zu Forschung, Diagnose und Behandlung (Charles Shepherd 3., überarbeitete Auflage Januar 2007)“ ist ab Seite 15 in dem Kapitel: „10. Die Behandlung: die Rolle medikamentöser Behandlungen“ beschrieben, welche symptomatischen Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Im „International Consensus Primer for Medical Practitioners, 2012 Internationalen IACFS/ME Organisation“ ist eine Liste mit möglichen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten auf Seite 18 und 19 aufgeführt.



Quellenangaben

  1. Action for ME, Members Survey, 2014 „M.E. Time to deliver“ Seite 19, Zeile 1, 2
  2. Verein ME/CFS Schweiz
  3. Dr. Martin L. Pall, Professor für Biochemie, Washington State University, USA
  4. Prof. Dr. med. Wolfgang Huber, Heidelberg, „Zur Diagnostik und Therapie des CFS“ Seite 4, Kapitel 6, Absatz 3
  5. Action for ME, Members Survey, 2014 „M.E. Time to deliver“ Seite 19, Zeile 1, 2
  6. Chronic Fatigue Syndrome Following Infectious Mononucleosis in Adolescents: A Prospective Cohort Study Ben Z. Katz, MD,1 Yukiko Shiraishi, PhD,2 Cynthia J. Mears, DO,1 Helen J. Binns, MD, MPH,1,3 and Renee Taylor, PhD Pediatric. 2009 Jul;124(1): 189 - 193.
  7. 2015, Beyond Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrom, Ridifining an Illness Backgournd about ME/CFS, Seite 2, Zeile 10
  8. Action for ME, Members Survey, 2014 „M.E. Time to deliver“ Seite 19, Zeile 1, 2
  9. Kanadisches Konsensdokument der Myalgischen Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrom, Seite 14, Kaptiel: Managnemt und Behandlung der Symptome
  10. Kanadisches Konsensdokument der Myalgischen Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrom, Seite 14, Kaptiel: Managnemt und Behandlung der Symptome, ab Zeile 7

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